Jobguide PROFESSIONAL_d322
Cash Gehalt Wirtschaftlich lief es in Deutschland in den letzten Jahren recht rund. Das wirkt sich positiv auf die Gehaltsentwicklung aus: So planten die Unternehmen laut einer Kienbaum-Studie für 2017 ei- ne Durchschnittserhöhung drei Prozent. Trotzdem werden nicht alle Mitarbeiter das gleiche Plus aushandeln können. Auf die individuelle Leistung kommt es an. Das Spektrum reicht von Inflationsausgleich bis plus fünf, sechs Prozent. Offen für Erhöhungen sind Unternehmen bei Leistungsträgern, die sie halten und besonders motivieren wollen. Wer bei der Analyse seiner eigenen Leistung und seiner Rolle im Unternehmen feststellt, dass er nur als kleines Licht durchgeht, sollte den Ball generell eher flach halten und eher um zwei, zweieinhalb Prozent verhandeln. Und: Bevor es ab zum Chef geht, sollte man ein kritisches Auge auf den Zustand der Firma werfen. Manchen geht es blendend, andere knapsen herum, weil sich etwa die Regeln für ihr Geschäft gerade ele- mentar ändern. Dort, wo die Existenz eines Unternehmens auf dem Spiel steht, sollten Gehaltswünsche warten. Gespräche sollten dann nur in Angriff genommen werden, wenn man wirklich unschlagbare Gründe hat und als absolutes Top-Personal gilt. Ich werde nach Tarif bezahlt. Kann ich trotzdem individuell ummehr Gehalt verhandeln? Aber klar doch. Gerade in den ersten Berufsjahren, in denen noch viele als Fachkraft eingesetzt und per Tarif bezahlt werden, sind au- ßertarifliche Zulagen nicht unüblich. Darüber hinaus geht es auch immer darum, in welche Tarifgruppe jemand mit sei- nen Qualifikationen und Erfahrungen einsortiert wird. Da besteht durchaus Verhandlungsspielraum. Später, wenn der Aufstieg ins Führungskräftelager erfolgt, wächst man meist aus dem Tarif raus und muss das Gehalt komplett selbst verhandeln. In welchen Abständen darf ich nach einer Gehalts- erhöhung fragen? Suchen Sie das Gespräch mit dem Chef regelmäßig – Pi mal Daumen alle ein bis zwei Jahre –, aber nur, wenn es tatsächlich etwas zu be- lohnen gibt. Wer nur Durchschnitt abliefert, hat keinen Nachschlag verdient. Denken Sie daran: Gehaltsverhandlungen sollen nicht nur mehr Geld bringen, sondern dienen auch der Leistungskontrol- le, der Positionsbestimmung und nicht zuletzt der Imagebildung. Ulrike Heitze Jobguide Ein gutes Gespräch über Geld Gehaltsgespräche mit dem Chef sind kein Selbstläufer, auch nicht – und ei- gentlich erst recht nicht –, wenn man sich duzt, regelmäßig zusammen Biken geht und sich blind versteht. Letztlich geht es immer um das Verkaufen der eigenen Leistung, umMacht und Geld. Da hört die Freundschaft meist auf. Deshalb ist eine sorgfältige Vorbereitung auf den Termin Pflicht. Schon allein, weil hier Amateur auf Profi trifft. Der Vorgesetzte ist in der Regel von Berufs wegen der geübtere Verhand- ler, trainiert darin, sein Gegenüber dorthin zu manövrieren, wo er es hinhaben will. Da schadet es also nicht, vorher für ein bisschen Waffengleichheit zu sorgen. Eine ordentliche Vorbereitung Klären Sie die Rahmenbedingungen für Ihre Gehaltsforderung: Wie geht es IhremUnternehmen? Was wissen Sie über die aktuellen Gehaltsrunden in der Firma? Wie liegen Sie mit Ihrem Gehalt in der Branche/imVergleich zu Kollegen? Auch wenn es bei Gehaltsgesprächen immer nur um Ihre Leistung geht, helfen Ihnen die Infos, Killerphrasen zu parieren. Tragen Sie Ihre Leistungen der letzten Monate zusammen und ziehen Sie kritisch Bilanz. Wie gut waren Sie? Was haben Sie erreicht? Wie sieht es mit den vereinbar- ten Zielen vomVorjahr aus? Geschafft oder gerissen? Woran könnte der Chef herummäkeln? Dann üben Sie. Entwerfen Sie eine Dra- maturgie und einen Gesprächseinstieg, überlegen Sie, wie Sie auf Einwände rea- gieren. Legen Sie sich Argumente zurecht und sprechen Sie sie probehalber auch mal laut aus. Bitten Sie Freunde, den Chef zu mimen und auf störrisch zu machen. Die richtige Begründung Gute Argumente sind: ein Projekt gerade erfolgreich beendet, Umsatz/ Kundenzahlen gesteigert, Extraschichten geschoben, Kosten eingespart, ein neues Produkt entwickelt, mehr Verantwortung übernommen, den Karren aus demDreck gezogen, durch besonderes Engagement neue Aufträge reingeholt/Märkte erfolg- reich erschlossen. Schlechte Argumente sind: die gleiche Leistung wie immer gebracht, schon lange keine Erhöhung bekommen, die ande- ren kriegen auch mehr, alles ist so teuer geworden, ein Projekt ist zwar super gelaufen, liegt aber länger zurück. Bereiten Sie Ihrem Chef die Argumente mundgerecht auf. Ist er ein Zahlentyp, rechnen Sie ihm Ihren Mehrwert des letzten Jahres vor. Braucht er eher einen langsamen Einstieg, richten Sie Ihre Gesprächsdramaturgie entsprechend aus. Verbraten Sie Ihre besten Gründe nicht gleich am Anfang, Sie brauchen noch Futter gegen mögliche Einwände. Ein gutes Timing Ihr Ziel ist, den Chef bei guter Laune anzutreffen. Deshalb den Termin strate- gisch geschickt legen. Gute Zeiten sind dienstags bis donnerstags, später Vor- mittag oder früher Nachmittag, zeitnah an guten Leistungen, in ruhigen Phasen. Schlechte Zeiten: montags und freitags wegen der Wochenendnähe, in Bilanz-, Messe- und anderen Stressphasen, im zeitlichen Umfeld mit Entlassungsgesprä- chen, unmittelbar nach Ihrem oder seinem Urlaub, weil er Ihre Leistungen nicht mehr präsent hat, abends beim Bier. Und: Gespräche zwischen Tür und Angel sind Gift. Deshalb: Mindestens eine Stunde einplanen lassen und dem Chef ein paar Tage Vorbereitungszeit geben. Das eigene Ziel Stecken Sie vorher Ihren Gehalts- wunsch ab: Wie viel mehr wollen Sie verlangen? Muss es Festgehalt sein oder könnten Sie auf cheffreundlichere Alternativen ausweichen: variabler Bonus an Ihren oder den Unternehmenserfolg geknüpft, steuerbegünstigte Extras wie Jobticket, Tankgutscheine, Altersvorsorge oder Kindergartenplatz? Stecken Sie sich ein Minimalziel. Mit Argumenten kontern Chefs bügeln – besonders in wirtschaft- lich schwierigen Zeiten – Gehaltswün- sche gerne einfach mal so ab. Da sollten Sie nicht gleich klein bei geben, sondern Ihre gute Vorrecherche bemühen. Wie schlecht geht es der Firma wirklich? Hat er Recht, konzentrieren Sie sich in der Argumentation auf Ihre eigenen, individuellen Verdienste, halten bei den Forderungen den Ball aber flach und bringen möglicherweise Alternativen wie Weiterbildung ins Spiel. Für Leistungsträ- ger – werden Sie als solcher in Ihrer Firma gesehen? – ist auch bei knappen Kassen ein Pott für mehr oder weniger große Gehaltserhöhungen vorgesehen. Je ein- zigartiger/dringender Ihre Qualifikation, desto mehr Spielraum haben Sie. Will Ihnen der Chef einen Vergleich mit den Leistungen und dem Gehalt der Kolle- gen aufdrängen, kontern Sie: „Ich möchte hier nur über meine Leistungen sprechen. Und die waren im vergangenen Jahr…“ Nachbereitung ernst nehmen Bleiben Sie hartnäckig und stecken Sie eine Niederlage professionell weg. Wenn gar nichts geht: Versuchen Sie es nicht mit dem Kopf durch die Wand oder Erpressung. Stimmen Sie einer Vertagung zu, zurren Sie aber gleich einen neuen Termin fest –am besten in einem halben Jahr. Und lassen Sie bis dahin nicht in Ihren Leistungen nach. Bedenken Sie: Beim nächsten Mal wird es für den Chef mit demVertrösten schwie- riger. Foto: Fotolia_35404942 Jobguide
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